Logistiknetzwerke skalieren
Teil 1: Das richtige Timing

Was beim Skalieren des Logistiknetzwerks zu beachten ist
Teil 1 von 4: Der zeitliche Aspekt

Wenn auf einmal der Outbound durch die Decke geht, ist das eigentlich ein gute Sache. Eigentlich. Vor allem im E-Commerce sehen sich immer mehr Anbieter mit der Situation konfrontiert, dass sie deutlicher schneller wachsen, als es ihrer Logistik möglich ist. Diese Phase ist schwierig, aber entscheidend für die Zukunft eines Unternehmens. In einer vierteiligen Artikelserie geben wir einen Überblick über die Aspekte, die Onlinehändlern beachten sollten.

Teil 1 der Reihe befasst sich mit der auf den ersten Blick offensichtlichsten Frage: Wann muss man neue Kapazitäten schaffen?

Der zeitliche Aspekt von Logistikkapazitäten

Egal, ob man über eigene Logistikstandorte oder über externe Dienstleister prozessiert: Sobald die Wachstumskurve steil nach oben geht, stellt sich die Frage, wie lange das aktuelle Logistik-Set-up noch ausreicht. Idealerweise erkennt man diesen Punkt, bevor der Einkauf 20 Seefracht-Container mit Neuware ankündigt, die nach Auffassung des Lagerleiters nur noch auf dem Hof Platz finden werden.

Wenn der Idealfall nicht eintritt, bleibt einem wenig anderes übrig, als kurzfristig neue teure Kapazitäten einzukaufen. Besser wäre es natürlich, diesen Bedarf schon frühzeitig zu erkennen. Dann ist in der Regel genug Zeit vorhanden, um mit Kapazitäten schaffenden Maßnahmen effizient gegenzusteuern.

Berücksichtigt werden sollte, dass diese Projekte je nach Größenordnung eine nicht ganz unerhebliche Laufzeit bis zur vollen Entfaltung ihres Effekts haben. Zur Entscheidungs- und Planungsphase kommt die (bauliche) Umsetzung, aber auch eine gewisse Zeit des Lernens und für den Ramp-up ist mit einzuberechnen. Bei Logistikbauprojekten signifikanter Größe kann man bis zum Go-live für ein eher manuelles Konzept etwa eineinhalb Jahre ansetzen, für marktüblich automatisierte Konzepte sind es um die zweieinhalb Jahre. Der darauffolgende Ramp-up kann je nach Größe und Automationsgrad nochmals ein bis drei Jahre in Anspruch nehmen. Entsprechend früh sollte man also die analytische Grundlage legen, Sensitivitäten prüfen und das Managementboard an Bord holen, damit Mittel und Manpower rechtzeitig zur Verfügung stehen.

Zwar ist diese Fragestellung auch ohne spezifische Software und Algorithmen analytisch gut lösbar. Im Grunde genommen geht es ja nur um eine Gegenüberstellung der vorhandenen Kapazitäten, die sich ebenso mit der Zeit entwickeln können, und der benötigten Kapazitäten, die im Wesentlichen vom jeweiligen Business-Case abhängen. Aber auch derartige Modellierungen beinhalten eine Vielzahl von Fallstricken, die man bedenken sollte. Selbst kleine Ungenauigkeiten können – aufgrund des relativ langen Betrachtungszeitraums – in Summe beträchtliche Schwankungen verursachen und zu suboptimalen Entscheidungen führen.

Zu berücksichtigen ist auch, dass Kapazitäten sowohl statischer Natur (Lagerung) als auch dynamischer Natur (Inbound, Outbound, Retouren etc.) sein können. Der Engpass ist nicht zwangsläufig offensichtlich. Empfehlenswert ist in jedem Fall, ein gesamtheitliches Bild des Materialflusses zu erstellen, um die Entwicklung wesentlicher KPI (Warenkorb, Retouren-Quote, Lagerumschlagsgeschwindigkeit usw.) auf Plausibilität prüfen zu können.

Eine Betrachtung der Kapazitätszeitreihe empfiehlt sich ein- bis zweimal pro Jahr. Wenn man etwas Aufwand in ein gleichermaßen durchdachtes wie anwenderfreundliches Tool für diesen Zweck gesteckt hat, sind die nachfolgenden Iterationen umso leichter und vor allem kostensparender. Mit einer vernünftigen Ausstattung kann sich ein Unternehmen optimal auf die verschiedensten Zukunftsszenarien einstellen und wird nicht plötzlich von Kapazitätsengpässen überrascht.

Über konkrete Ansätze und Tools zur Problemlösung unterhalten wir uns gerne mit dir. Zum Beispiel via E-Mail oder auf LinkedIn und Xing.